2.12.2025 – Visionen standen im Zentrum der „Innovation Night“: Künstliche Intelligenz könnte zu einem Produktivitätszuwachs um 40 bis 60 Prozent führen. Damit das passiert, sei eine Neugestaltung von Prozessen nötig, Organisation, Technologie und Personal müssen dafür in Einklang gebracht werden. Spätestens in drei bis vier Jahren werden wir alle KI einsetzen, ohne uns dessen noch bewusst zu sein. Und wenn KI, Roboter und Quantencomputer in naher Zukunft zusammenwirken, entsteht ein neues Ökosystem mit exponentieller Wirkung.

Künstliche Intelligenz (KI) stand im Mittelpunkt der „Innovation Night 2025“ der Together CCA GmbH in der Vorwoche. Zwei Keynotes beschäftigten sich mit den Fragen, wie KI-Agents das Geschäftsmodell von Versicherungen verändern werden und was nach KI kommen werde.
„Ich laufe dorthin, wo der Puck sein wird, nicht dorthin, wo er war“, zitierte Christian Gosch, Head of Group Data & IT in der Uniqa Insurance Group AG, den kanadischen Eishockeyspieler Wayne Gretzky, der als einer der Besten aller Zeiten gilt. Das lasse sich auf den Einsatz von KI übertragen.
„In ein paar Jahren werden die Digital Natives die Mehrheit unserer Kunden sein“, so Gosch. Und diese hätten einen anderen Zeithorizont, sofortige Antworten und 24-Stunden-Service werden als selbstverständlich erwartet. Hier biete eine Agentisierung der KI einen großen Hebel.
Vier mögliche Szenarien und damit vier Implikationen für die Versicherungswirtschaft gebe es für die Zukunft der KI: von einem langsamen Fortschritt mit einem Produktivitätsgewinn von weniger als zehn Prozent bis zu einem explosiven Fortschritt mit mehr als 80 Prozent Zuwachs bei der Produktivität.
Umfragen würden zeigen, dass die Mehrheit einen „beschleunigten Fortschritt“ mit einem Produktivitätsgewinn von 40 bis 60 Prozent erwarte.
Für Versicherer werde dies grundlegend veränderte Marktbedingungen und Kundenerwartungen, ein Neudenken des Geschäftsmodells angesichts stark fallender Arbeitskosten und eine Transformation von Produkten, Prozessen und Belegschaft hin zu einem „KI-First“-Denken bedeuten.
Rund 80 Prozent der Unternehmen würden heute bereits generative KI nutzen, doch ebenso viele darin keine signifikante finanzielle Wirkung sehen.
Ursache für dieses „Gen AI Paradox“ sei, dass der Fokus auf horizontalen Anwendungsfällen wie Chatbots statt auf vertikaler Prozesstransformation liege.
Notwendig seien deshalb ein Ende der Experimentphase und eine „radikale Neugestaltung von Prozessen aus Kundensicht“ und nicht nur eine selektive Automatisierung.
Wichtig sei vor allem eine Qualifikation der Teams: Niemand müsse sich vor KI fürchten, sehr wohl aber vor jenen, die mit KI besser umgehen können.
Damit künstliche Intelligenz im Unternehmen einen Mehrwert liefert, müssten Organisation, Personal und Technologie im Einklang sein. Fehle es an der Verankerung in der Organisation, so komme es zu einem Aktionismus mit vielen parallelen, ungesteuerten Pilotprojekten ohne nachhaltigen Mehrwert.
Fehle dagegen die technologische Basis, beispielsweise Datenqualität und -verfügbarkeit oder eine Schnittstellenfähigkeit der Kernsysteme, so bleibe KI rein konzeptionell und könne keinen spürbaren Vorteil im Kerngeschäft erzielen.
Seien schließlich Mitarbeiter nicht ausreichend befähigt, KI-Tools anzuwenden und nicht in deren Entwicklung eingebunden, so führe dies zu Ignoranz und aktivem Widerstand in Bezug auf KI, wodurch die Potenziale der bestehenden Infrastruktur nicht genutzt werden können.
Gerhard Schuster, CEO von Together CCA ging in seiner Keynote dann auf die zukünftige Entwicklung der künstlichen Intelligenz ein. Auf überzogene Erwartungen und einen Hype 2024 habe heuer eine Desillusionierungsphase eingesetzt.
Schuster vergleicht dies mit dem Blockchain-Hype vor fünf oder sechs Jahren. Doch auch wenn Blockchain in der öffentlichen Diskussion verschwunden ist, tatsächlich werde sie täglich angewendet, von der Datenspeicherung über die Versicherung von Transporten bis zu Krypto-Assets.
Heute sehe man Blockchain nicht mehr, sie befinde sich auf der „Commodity-Ebene“ (weitgehend standardisierte Dienstleistung, Anm.). In drei bis vier Jahren werde dies auch für KI gelten: Man werde sie täglich verwenden, aber nicht bewusst wahrnehmen, glaubt Schuster.
Damit stelle sich die Frage, was der nächste Hype sein wird. Wahrscheinlich die Robotik, vermutet Schuster. Wobei KI wieder eine Rolle spielen wird: Dabei gehe es darum, wie „smart“ Roboter sein werden. KI könnte es Robotern ermöglichen, zu lernen, zu planen und zu verstehen.
„Wahrscheinlich groß kommen“ werden sogenannte „Cobots“, so Schuster. Das sind kollaborative Roboter, die direkt mit Menschen arbeiten, schnell umrüstbar sind und durch „Vormachen“ lernen. Per Robot-as-a-Service werde Automatisierung planbar.
Weitere wichtige Einsatzfelder für Roboter sieht Schuster im Bereich der Medizin, wo Mikro- und Nano-Roboter im Körper präzise an Medikamenten und Tumorresten arbeiten könnten, sowie im Sozialbereich, wo humanoide Sozialroboter ältere Menschen im Alltag unterstützen.
Künstliche Intelligenz werde dabei „eine Art Betriebssystem für alle Arten von Robotern werden“, die damit in die nächste Evolutionsstufe gehoben werden, so Schuster. KI-Roboter verstehen Sprache und Bilder, lernen aus Demonstrationen und Fehlern, planen und optimieren eigenständig.
Und mit Quantencomputern sei in zehn bis 15 Jahren eine neue industrielle Revolution zu erwarten. Schusters Vision: Wenn KI denkt, Roboter handeln und Quantencomputer rechnen, dann entstehe ein technologisches Ökosystem mit exponentieller Wirkung.
Künstliche Intelligenz bleibe präsent, „aber anders als heute“, so Schuster. Und auch für Versicherungen ergebe sich ein neues Geschäftsfeld: die Versicherung von Robotern sowie von Schäden, die von diesen verursacht werden.
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