14.10.2024 – 14,5 Billionen US-Dollar an wirtschaftlichem Schaden könnte ein geopolitischer Konflikt verursachen, heißt es von Lloyd’s. Im Extremfall könnte die Summe gar mehr als dreimal so hoch sein.
Bislang haben geopolitische Konflikte im 21. Jahrhundert noch keinen Punkt erreicht, an dem es zu katastrophalen globalen Handelsunterbrechungen käme, für eine anhaltende Stabilität gebe es aber keine Garantie, warnt der Versicherungsmarkt Lloyd’s of London.
Wesentlich Ressourcen stünden wegen des Klimawandels zunehmend unter Druck, politischer Extremismus – der möglicherweise durch Polarisierung in sozialen Medien oder durch Falsch-„Information“ verschärft werde –, nehme zu, ebenso Cyberangriffe.
Eine wesentliche „Waffe“ für Regierungen, Druck auf Gegner auszuüben, sei die Kontrolle über die Zugänge zu Schifffahrtswegen. Immerhin werden Lloyd’s zufolge mehr als 80 Prozent der weltweiten Im- und Exporte – darunter Nahrungsmittel, Elektronik, medizinische Güter, Fahrzeuge, Treibstoff – auf dem Seeweg transportiert.
Die Schließung größerer Handelsrouten aufgrund eines geopolitischen Konflikts sei somit „eine der größten Bedrohungen“ für die Ressourcen, die eine resiliente Wirtschaft braucht.
Lloyd’s hat nun nachgerechnet, in welcher Größenordnung sich der Schaden für die Weltwirtschaft bei einem geopolitischen Konflikt bewegen würde. Das hypothetische Szenario geht von einem Konflikt aus, der weitreichende Unterbrechungen in globalen Handelsverbindungen und Lieferketten auslöst.
Verursacht werden die wirtschaftlichen Auswirkungen hierbei in erster Linie durch schwerwiegende Schäden an der Infrastruktur in der Konfliktregion und der Notwendigkeit einer Neuausrichtung des Handelsnetzes wegen Sanktionen und beeinträchtigter Schiffsverbindungen.
Alle drei Szenarien basieren auf der Annahme, dass Kämpfe auf dem belagerten Territorium stattfinden und keine Angriffe auf Supermächte oder größere Mächte stattfinden.
Lloyd’s kam in seiner Berechnung auf eine Summe von 14,5 Billionen US-Dollar, umgerechnet 13,24 Billionen Euro, über einen Zeitraum von fünf Jahren. Das ist der gewichtete Durchschnitt für drei verschiedene Schweregrade, die betrachtet wurden – größerer, schwerer und extremer Konflikt.
Die Bandbreite reicht von 7,8 Billionen Dollar beim niedrigsten Schweregrad bis zu 50 Billionen Dollar im Extremfall. Zum Vergleich: Laut UNCTAD betrug das Welt-Bruttoinlandsprodukt 2023 geschätzt 105 Billionen Dollar.
Die Folgen für die Wirtschaft variieren freilich je nach Region und hängen von Faktoren wie der Verwicklung in den Konflikt und der Verlässlichkeit des Warenverkehrsstroms ab.
„Europa beispielsweise, das in der Versorgung etwa mit Halbleitern für die Auto- und Elektronikindustrie stark von anderen industriell fortgeschrittenen Staaten abhängig ist, könnte bis zu 3,4 Billionen US-Dollar (3,11 Billionen Euro; Anm. d. Red.) verlieren“, so Lloyd’s.
Der russische Angriff auf die Ukraine habe vor Augen geführt, wie komplex die Aufrechterhaltung wichtiger Exporte und Handelsrouten ist.
Vor der Invasion hätten Russland und die Ukraine 30 Prozent der globalen Weizenproduktion und 55 Prozent der globalen Sonnenblumenexporte gestellt. Danach sei es zu Lieferunterbrechungen gekommen, unter denen vor allem die ärmsten Länder litten.
In vielen Ländern wiederum seien Notfallmaßnahmen für die Energieversorgung erforderlich geworden, nachdem sie sich dazu entschlossen haben, die Nutzung fossiler Energieträger aus Russland auslaufen zu lassen.
Weitere Informationen dazu sind auf der Lloyd’s-Website abrufbar.
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