22.11.2024 – Nachhaltigkeit ist für österreichische Unternehmen trotz aller Turbulenzen konstant wichtig. Allerdings fehlt es oft an Strategien und Zielen, häufig werden nur einzelne Maßnahmen umgesetzt. Hoffnungen, dass Regulierungen nicht kommen werden, seien fehl am Platz, so Deloitte: Die Anforderungen seien gekommen, um zu bleiben.
Auch in diesem Jahr hat die Unternehmensberatung Deloitte für ihren „Sustainability Check“ Einstellung und Maßnahmen heimischer Unternehmen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit erheben lassen.
Das Marktforschungsinstitut Foresight Research Hofinger GmbH hat dazu im August und September 401 österreichische Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeitern in Telefoninterviews befragt. Die Studie sei repräsentativ für diesen Teil der Unternehmen hierzulande, so Geschäftsführer Christoph Hofinger.
Trotz der Herausforderungen in den letzten fünf Jahren und der „politischen Achterbahnfahrten“ sei in Bezug zur Nachhaltigkeit bei den Firmen Konstanz festzustellen. Es gebe hier eine ziemlich klare Linie, das Thema Nachhaltigkeit verschwinde nicht, wenn andere Themen in den Vordergrund rücken.
Unternehmen würden die Verantwortung bei sich sehen und das Thema anerkennen, betont Karin Mair, Managing Partnerin Risk Advisory and Financial Advisory bei Deloitte Österreich. 86 Prozent der Befragten seien der Meinung, dass Nachhaltigkeit für ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit wichtig ist.
Dafür gebe es auch Gründe: Fast die Hälfte der Befragten Unternehmen sieht ihr operatives Geschäft schon heute vom Klimawandel betroffen, mehr als 50 Prozent gehen davon aus, dass der Klimawandel große Auswirkungen auf ihr Geschäftsmodell hat.
„Trotzdem hinken die Unternehmen bei der Umsetzung nach“, sagt Mair. Viele Betriebe würden Einzelmaßnahmen setzen, es fehle aber an einer strategischen Verankerung und klar definierten Nachhaltigkeitszielen: „Hier haben wir noch ein gutes Stück Arbeit vor uns.“
Unternehmen würden das Thema „mehr ganzheitlich“ sehen als in der Vergangenheit, ergänzt Christoph Obermair, Partner und Sustainability Leader bei Deloitte Österreich. Und insgesamt habe das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung gewonnen.
Unterschiede gebe es zwischen Unternehmen, die nach CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) berichtspflichtig sind (kapitalmarktorientierte und große Unternehmen), und nicht von der CSRD betroffenen Firmen.
Für letztere hätten Kreislaufwirtschaft und Lieferketten höchste Priorität, soziale Themen (Gerechtigkeit, Diversität) hätten stark zugelegt. Für CSRD-berichtspflichtige Unternehmen stehe dagegen Dekarbonisierung an erster Stelle, was offensichtlich mit den Anforderungen an sie zu tun habe.
Mit ein Grund für die große Bedeutung der Nachhaltigkeit sei der kundenseitige Druck, so Obermair. Nachhaltigkeit sei kein Selbstzweck, dennoch sei sie noch nicht vollinhaltlich im Kerngeschäft angekommen, bestätigt Obermair. Dies gelte insbesondere auch für die Lieferketten-Verordnung.
Eine positive Überraschung habe die Studie bezüglich der Akzeptanz der Nachhaltigkeitsberichterstattung geliefert, so Alfred Ripka, Partner und ESG-Experte bei Deloitte Österreich.
Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen stünden der verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung positiv oder überwiegend positiv gegenüber, was eine hohe Zustimmung in Österreich signalisiere.
Zwar sei die CSRD ab 2024 von kapitalmarktorientierten und ab 2025 von weiteren großen Kapitalgesellschaften – hierzulande rund 1.800 bis 2.000 – anzuwenden, die Umsetzung in nationales Recht sei bisher aber noch nicht erfolgt. Hier müsse die nächste Regierung schnell handeln, so Ripka.
Nur 18 Prozent der Unternehmen hätten bisher ihre Vorbereitung auf die CSRD abgeschlossen, rund 25 Prozent würden nicht wissen, ob sie überhaupt unter die Richtlinie fallen. Es bestehe die Gefahr, dass viele Unternehmen eine rechtzeitige Umsetzung nicht mehr schaffen.
Was Unternehmen jetzt benötigen, um eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln, seien klare politische Rahmenbedingungen, betont Mair. Denn die Anforderungen seien gekommen, um zu bleiben: „Das Prinzip Hoffnung wird uns nicht helfen!“
Wichtig sei es, dass Förderungen nachvollziehbar und entbürokratisiert zur Verfügung stehen. Dies, damit alle Unternehmen, insbesondere aber KMU, Zugang zur bestehenden Förderlandschaft haben. Es gehe darum, die kleinen Unternehmen nicht zu vergessen, sagt Mair.
KMU seien ja das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft, Vergaben von Aufträgen erfolgen hierzulande oft kleinteilig, gleichzeitig seien sie aber nicht in der Lage, „mehrere Compliance-Manager aufzustellen“.
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