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Uniqa-CEO Brandstetter: Innovativer Osten, wehleidiger Westen

10.10.2024 – Nach dem Ende des Kommunismus hat die Region einen beispiellosen Aufholprozess erlebt, die Konvergenz zum Westen hat sich allerdings zuletzt verlangsamt. Gründe dafür sind unter anderem die nur wenig entwickelten Kapitalmärkte und fehlende Investitionen, so Experten bei der Aufsichtskonferenz der FMA. Sehr wichtig wären die Erweiterung um die Westbalkan-Staaten und eine Stärkung der Finanzmärkte.

FMA-Aufsichtskonferenz - Podiumsdiskussion zur CESEE-Region (Bild: VJ)
FMA-Aufsichtskonferenz - Podiumsdiskussion zur CESEE-Region. V.l.n.r.: Mario Holzner (wiiw), Zuzana Silberová (Tschechische Nationalbank), Andreas Brandstetter (Uniqa), Moderatorin Corinna Milborn, Helmut Ettl (FMA) und Helge Berger (IWF) (Bild: VJ).

Der Vormittag der 15. Aufsichtskonferenz der Finanzmarktaufsicht am Dienstag dieser Woche stand ganz im Zeichen der Entwicklung der mittel-, ost- und südosteuropäischen Staaten (CESEE) seit dem Ende des Kommunismus, vor allem aber in den letzten 20 Jahren.

Andreas Brandstetter, CEO der Uniqa Insurance Group AG, sprach von „großartigen Erfolgen“, die ganze Region sei neu aufgestellt worden und die Gesellschaft habe sich verändert. Mit ein Grund dafür sei der Umgang mit Krisen: Der Westen sei wehleidiger und weniger zukunftsorientiert.

Für Versicherer sieht Brandstetter in Osteuropa großes Aufholpotenzial, vor allem auch deshalb, weil Versicherungen ebenso wie Finanzdienstleistungen eng an die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts gekoppelt seien.

Helmut Ettl, Vorstandsmitglied der FMA, betont in diesem Zusammenhang die starke Vernetzung Österreichs mit den Staaten der Region: So würden heimische Banken und Versicherungen in diesen Ländern einen großen Anteil ihrer Erträge generieren.

Einmaliger Aufholprozess

Mario Holzner, Direktor des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche, verweist auf das „relativ konstante Wachstum“ der Region, das allerdings stark von der geografischen Lage bestimmt sei. An den Rändern Europas „franst es aus“, so Holzner.

Entscheidend sei eine „institutionelle Nähe zu den Zentren Europas“. Insgesamt hätten aber alle Länder einen Aufholprozess erlebt, der in der Geschichte einmalig ist. Aufholpotenzial sieht Holzner vor allem am Westbalkan; dieser brauche eine „faire Chance“.

Die Notwendigkeit institutioneller Reformen betont Helge Berger, stellvertretender Direktor des Internationalen Währungsfonds: „Die EU bringt mehr als Geld“, wichtig seien der gemeinsame Markt und ein gemeinsames Finanzsystem.

Konvergenz verlangsamt

Berger hatte schon zuvor in seiner Keynote auf die gute Entwicklung in der Vergangenheit hingewiesen, gleichzeitig aber auch eine Verlangsamung der Konvergenz im Vergleich mit Westeuropa und eine hartnäckige Lücke beim Bruttoinlandsprodukt gegenüber den USA konstatiert.

Als Hemmschuhe für eine weiterhin positive Entwicklung sieht er das zu konservative Sparverhalten, die limitierte Rolle institutioneller Investoren und die kleinen und fragmentierten Kapitalmärkte, deren Bedeutung steigen müsse.

„Extrem wichtig“ wäre für Berger die Erweiterung der EU. So hätten die 2004 der Gemeinschaft beigetretenen Länder allein im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt eine Zunahme des BIP um 30 Prozent verzeichnet.

Keine Alternative zum Beitritt der Westbalkan-Staaten zur EU sieht auch Brandstetter angesichts der globalen Aktivitäten Chinas: „Dann bricht ein wichtiger Teil Europas weg.“ Es sei ein „Horrorszenario“, dass Europa knapp vor unserer Haustür wieder aufhört.

Investitionen fehlen

Einen Mangel an relevanten Investitionen ortet Brandstetter im Osten; Gründe dafür seien der fragmentierte Markt, die unterschiedlichen Kulturen und Sprachen: „Es ist leichter, in Südamerika zu investieren.“

Holzner gibt darüber hinaus den schlechten Zustand der zentralen europäischen Volkswirtschaft Deutschland zu bedenken. Zu überlegen wäre deshalb die Einrichtung einer europäischen Investitionsbank. Und der Osten brauche „selbstgenerierende Investitionen“.

Ettl sieht auch die „neue Mauer gegen Russland und Belarus“ als Hindernis – Investoren würden sich fragen, ob sie wirklich in Osteuropa aktiv werden wollen. Es gebe auch keine gemeinsame Industriepolitik, das werfe Europa um 30 Jahre zurück und könnte für Destabilisierung sorgen.

Chancen und Risiken

Er habe zumindest den subjektiven Eindruck, dass Osteuropa innovativer ist als der Westen, sagt Brandstetter; es gebe dort „unglaubliches Know-how“, Lernbereitschaft und der „Drive, etwas Neues auszuprobieren“, seien stärker ausgeprägt.

Als Risiko sieht Holzner die demografische Entwicklung und den Shift der Bevölkerung nach Westen. Doch die Gegend beginne, mit diesem Problem umzugehen, und es kämen auch immer weniger Menschen aus diesen Regionen zu uns, was auch für den Westen zum Problem werden könnte.

Gerade für kleine Länder sei die Zukunft umso rosiger, je mehr sie Innovationen mit anderen teilen, betont Berger. Chancen für die Region sieht er im gemeinsamen Markt sowie gemeinsamer Regulierung. Und er wiederholt: „Wir brauchen mehr Finanzmarkt für die Region.“

Ettl schließlich rät dazu, „dort zu bleiben“, Sicherheit und Stabilität in die Region zu bringen. „Am Ende des Tages werden wir die Früchte ernten. Und wir müssen an der Erweiterung arbeiten und uns nicht durch kurzfristige Irritationen davon abbringen lassen.“

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