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Frei vereinbarte Mieten: Sind Versicherungen Betriebskosten?

21.10.2025 – Der OGH entschied: Nur weil Vermieter im Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes die Möglichkeit hätten, Versicherungsprämien in den Mietzins einzupreisen, bedeute dies nicht, dass nicht auch eine zum Mietzins hinzutretende Überwälzung als Betriebskosten möglich wäre.

Symbolfoto (Bild: copilot/KI-generiert)
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Die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte (AK), eine nach § 29 Absatz 1 Konsumentenschutzgesetz (KSchG) zur Verbandsklage berechtigte Organisation, ist gegen Klauseln in Vertragsformblättern für den Abschluss von Mietverträgen der Fachgruppe Wien der Immobilien- und Vermögenstreuhänder vorgegangen.

Kritisiert wurde von der AK ein Formblatt für den Abschluss von Mietverträgen, die in den Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes fallen, eine Vereinbarung über den freien Hauptmietzins zum Inhalt haben und sich an Verbraucher richten.

Zum Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes zählen nach dem 30.6.1953 ohne öffentliche Mittel errichtete Mietobjekte, vermietete Wohnungseigentumsobjekte in nach dem 8.5.1945 errichteten Gebäuden, nach dem 30.9.2006 errichtete Zubauten sowie bestimmte Dachbodenräume und -ausbauten.

Beanstandete Klauseln

Zu den beanstandeten Klauseln zählen auch drei, die sich auf Versicherungsprämien beziehen. Demnach sind vom Mieter als Betriebskosten die vom Vermieter aufgewendeten angemessenen Kosten für bestimmte Versicherungen anteilig zu tragen.

Klausel 1 betrifft die Versicherung gegen Brandschaden (Feuerversicherung), „sofern und soweit die Versicherungssumme dem Betrag entspricht, der im Schadenfall zur baurechtlich zulässigen und bautechnisch möglichen Wiederherstellung des […] Mietgegenstandes ausreicht.

Klausel 2 betrifft die „die angemessene Versicherung des Hauses gegen die gesetzliche Haftpflicht des Hauseigentümers (Haftpflichtversicherung) und gegen Leitungswasserschäden einschließlich Korrosionsschäden“.

Klausel 3 bestimmt, dass darüber hinaus auch die angemessene Versicherung des Hauses gegen Glasbruch hinsichtlich der Verglasung der der allgemeinen Benützung dienenden Räume des Hauses einschließlich aller Außenfenster sowie gegen Sturmschäden vom Mieter zu tragen sind.

Argumente der AK

Die AK argumentiert in ihrer Klage, es handle sich um gebrauchsunabhängige Aufwendungen, die im Sinne des § 864a ABGB überraschend als Betriebskosten definiert werden und dem Mieter abweichend von § 1099 ABGB auferlegt werden.

Der Vermieter müsse dem Mieter die ihm bereits konkret bekannten Kosten nicht bekannt geben und könne das ihn treffende Preisrisiko auf den Mieter abwälzen. Der Mieter könne dadurch die ihn treffenden, auch zukünftigen, Verpflichtungen nicht abschätzen.

Nach § 1099 ABGB müsse der Vermieter diese Aufwendungen selbst tragen und könnte diese aufgrund der freien Vereinbarkeit des Mietzinses ohnehin in den Mietzins einpreisen. Dann würde das Risiko des Abschlusses eines ungünstigen Mietvertrages nicht auf die Mieter überwälzt werden.

Auch liege ein Verstoß gegen § 6 Absatz 1 Ziffer 5 KSchG vor und schließlich werde mit den Klauseln von der Gefahrtragungsregel des § 1096 ABGB abgewichen, weil die Versicherungsleistungen zur Finanzierung der den Vermieter treffenden Erhaltungspflichten verwendet werden könnten.

Vorinstanzen urteilen unterschiedlich

Während das Erstgericht die Klauseln als zulässig beurteilt hatte, gab das Berufungsgericht der Berufung der AK Folge. Sie seien nach § 879 Absatz 3 ABGB gröblich benachteiligend, weil sie die Kosten für Versicherungen abweichend von § 1099 ABGB dem Mieter auferlegten.

Im Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes müsse der Mieter durch diese Klauseln die Kombination der Überwälzung von im Vorhinein betraglich nicht festgelegten, von seinem Verbrauch unabhängigen und seiner Einflussnahme entzogenen Betriebskosten mit der freien Mietzinsbildung hinnehmen.

Bei der im Verbandsprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung stehe diesen Nachteilen keine Vorteile für den Mieter gegenüber, weshalb die Abweichung von § 1099 ABGB nicht gerechtfertigt sei.

Die Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder legte daraufhin Revision beim Obersten Gerichtshof ein.

Bisher keine Entscheidung über eine Verbandsklage

In seiner rechtlichen Beurteilung betont der OGH einleitend, dass im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes die genannten Versicherungen gemäß § 21 Absatz 1 Ziffern 4 bis 6 MRG zu den Betriebskosten zählen.

Diese Bestimmungen kommen aber im hier relevanten Teilanwendungsbereich des MRG nicht zum Tragen, so der OGH.

Nach § 1099 erster Satz ABGB habe der Vermieter bei Vermietungen „alle Lasten und Abgaben“ zu tragen; diese Bestimmung stelle aber nachgiebiges Recht dar, sodass die Parteien im Mietvertrag die Überwälzung derartiger Kosten vereinbaren können.

Auch sei in früheren Entscheidungen des OGH sowie von Teilen der Literatur eine von § 1099 abweichende Vereinbarung außerhalb des Vollanwendungsbereichs des MRG als zulässig beurteilt worden. Eine OGH-Entscheidung über eine diesbezügliche Verbandsklage liege aber bisher nicht vor.

Risikoüberwälzung zulässig

Das Hauptargument der AK sei, dass sie eine Einpreisung der genannten Kosten des Vermieters in einen Pauschalmietzins anstelle ihrer Überwälzung auf den Mieter befürworte, so der OGH.

Dies würde laut AK zu einer besseren Vergleichbarkeit der Bruttomietzinse führen und den Mieter vor Preisänderungen in Vertragsverhältnissen zwischen dem Vermieter und Dritten schützen, auf die die Mieter keinen Einfluss nehmen können.

Dem widerspricht der OGH. Den §§ 21 ff MRG sei die gesetzgeberische Wertung zu entnehmen, wonach derartige Nachteile unter bestimmten Umständen dem Mieter auferlegt werden können. Dies gelte unabhängig davon, dass § 21 MRG in direktem Zusammenhang mit Mietzinsregelungen stehe.

Grundsätzlich bewerte der Gesetzgeber die Überbindung des Risikos von Preisänderungen sowie das Risiko, die wirtschaftlichen Dispositionen des Vermieters in angemessenem Ausmaß mittragen zu müssen, als ein Regelungsmodell, das auch den Interessen von Mietern Rechnung trägt.

Kein Überrumpelungseffekt…

Nur weil der Vermieter im Teilanwendungsbereich des MRG die Möglichkeit hätte, Versicherungsprämien in den Mietzins einzupreisen, bedeute dies nicht, dass eine zum Mietzins hinzutretende Überwälzung als Betriebskosten keine sachgerechte Gestaltungsmöglichkeit wäre.

Dass der Mieter Dispositionen des Vermieters innerhalb eines bestimmten Rahmens mittragen muss, mache Klauseln im Teilanwendungsbereich des MRG, die dem § 21 Absatz 4 bis 6 nachgebildet sind, nicht unzulässig.

Dass nicht mit der Benützung der Liegenschaft verbundene Kosten als Betriebskosten definiert werden, stelle keinen „Überrumpelungseffekt“ im Sinne des § 864a ABGB dar, weil solche Überwälzungsvereinbarungen verkehrsüblich seien, so der OGH.

… und auch kein Verstoß gegen Transparenzgebot

Auch die behauptete Intransparenz, weil der Vermieter nicht verpflichtet ist, ihm bekannte Kosten sowie eventuell mit dem Versicherer vereinbarte Preisanpassungsklauseln offenzulegen, liege nicht vor. Eine solche Information sei nicht Gegenstand der beanstandeten Klauseln.

Die Formulierung, dass nur die Prämien einer angemessenen Versicherung überwälzbar sind, entspreche dem § 21 MRG und stelle ebenfalls keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot dar.

Schließlich seien in den Klauseln auch kein verdeckter Preisänderungsvorbehalt, der § 6 Absatz 1 Ziffer 5 KSchG widersprechen würde, oder eine von der Gefahrtragungsregel des § 1096 ABGB abweichende Vereinbarung zu erkennen.

Damit liege die behauptete Unzulässigkeit der Klauseln 1 bis 3 nicht vor. Der OGH hat in diesem Umfang das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt.

Die Entscheidung im Volltext

Die OGH-Entscheidung 6Ob162/24b vom 13. August 2025 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.

Schlagwörter zu diesem Artikel
Haftpflichtversicherung · Immobilie
 
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