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Hubschrauberbergung im Ausland: Zahlen trotz Absicherung?

16.4.2025 – Obwohl die im Schutzbrief vorgesehene Vorgangsweise nicht eingehalten wurde, stornierte der ÖAMTC die Rechnung. Künftig wolle man bei der Information der Mitglieder über mögliche Ausschlussgründe transparenter werden. Der ORF-Bürgeranwalt beschäftigte sich auch mit der Frage, wie man bei einem Notfall im Ausland vorgehen soll und was bei Vorerkrankungen zu beachten ist, damit die Rückholkosten ersetzt werden.

Symbolfoto (Bild: ÖAMTC/Christian D. Keller)
Symbolfoto (Bild: ÖAMTC/Christian D. Keller)

Schon im Oktober 2022 erlitt Hannes S. einen schweren Herzinfarkt. Sein Herz sei damals für 50 Minuten stillgestanden, berichtet er in der ORF-Sendung „Bürgeranwalt“. Er habe 20 Elektroschocks mit dem Defibrillator erhalten und sei mehrere Wochen im Koma gelegen.

Nach der Reha, die mehrere Monate gedauert habe, sei er so weit hergestellt gewesen, dass er „wieder ganz normal leben kann“. Zwar liege die Leistung des Herzes nur noch bei einem Drittel, aber er fühle sich „total gesund“

Bei der Reanimation mitgeholfen hatte sein bester Freund, der Orthopäde und Flugmediziner, Dr. D. Sowohl Hannes S. als auch Dr. D. sind begeisterte Segler. Zehn Monate nach dem Infarkt traten beide gemeinsam mit ihren Familien einen Segelurlaub in Kroatien an.

Erneute Herzprobleme im Urlaub

Hannes S. hatte sich, wie er erzählt, vor dem Urlaub von einem Kardiologen „noch einmal checken lassen“; es sei „alles im grünen Bereich“ gewesen. Doch am 11. August, am offenen Meer auf dem Weg nach Pula in Kroatien, habe sich „ein unglaublicher Schmerz in der Brust entwickelt“.

Seine Frau rief Dr. D. an, der sich, ebenfalls am Meer, ungefähr eine Stunde vom Boot von Hannes S. entfernt befand. Dr. D.: „Und nachdem ich seine Vorgeschichte gekannt hab, habe ich gewusst, das könnte etwas sehr Ernstes sein.“

Er kenne die Spitäler in der Region sehr gut, so Dr. D.; zu diesem Zeitpunkt sei er überzeugt gewesen, „dass die beste Versorgung letztlich die wäre, wenn er nach Österreich kommt“.

Rettungshubschrauber aktiviert

Dr. D. sei langjähriger Flugmediziner und entsprechend gut vernetzt, so der ORF. Er habe deshalb direkt den ÖAMTC-Christophorus-Hubschrauber an einem der Stützpunkte kontaktiert; ohne seine Kontakte wäre das in dieser Form nicht möglich gewesen, räumt er ein.

Normalerweise hätten die Rettungsorganisationen bestimmte Algorithmen, welche Schritte zuerst zu setzen sind; dies mache auch meistens Sinn, so Dr. D. Es sei ihm aber klar gewesen, „dass, wenn es ein kardiales Ereignis ist, bei der Restherzfunktion vom Hannes nicht viel Reserve mehr da ist“.

Er habe daher seine Kontakte aktiviert und ihnen die Situation nachvollziehbar schildern können. Man sei relativ rasch bereit gewesen, einen kompletten Notarzt-Hubschrauber nach Pula zu schicken. Hannes S. wurde nach Klagenfurt ins Krankenhaus geflogen und erfolgreich behandelt.

Dazu Dr. D.: „Die Herzenzyme waren alle erhöht, haben letztlich bestätigt, dass die Verdachtsdiagnose auch die tatsächliche Diagnose war. Und somit war die Behandlung, die er dort bekommen hat, wahrscheinlich lebensrettend.“

Kostenvorschreibung trotz Schutzbrief

Dr. D. hatte eine Kostenübernahmeerklärung unterschrieben, in der die Gesamtkosten auf knapp 13.000 Euro geschätzt worden waren. Wenige Tage nach dem Vorfall erhielt er eine Rechnung der ÖAMTC-Flugrettung über 13.996,66 Euro.

Hannes S. sei allerdings „mit einem Schutzbrief versichert“ gewesen. Aus Sicht von Dr. D. bestand daher ein Versicherungsschutz, er sei zuversichtlich gewesen, „dass die Organisation diese Kosten dann entsprechend übernehmen würde“.

In einem Schreiben des ÖAMTC heißt es allerdings, dass der Herzinfarkt vom Oktober 2022 eine Vorerkrankung im Sinne der Schutzbrief-Bestimmungen darstelle, „sodass eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vor Reiseantritt einzuholen gewesen wäre“.

Außerdem seien die ÖAMTC-Einsatzzentrale und ein Einsatzarzt nicht in die Rückholung eingebunden gewesen. Es sei davon auszugehen, dass eine Erstuntersuchung vor Ort und ein Transport mittels Krankenwagen möglich gewesen wären.

Rechnung storniert

„Aufgrund der besonderen Umstände“ war der ÖAMTC allerdings bereit, einen Kulanzbeitrag zu den Transportkosten in der Höhe von 50 Prozent zu übernehmen. Weder Hannes S. noch Dr. D. bezahlten die Rechnungen, weil sie der Meinung waren, es bestehe Versicherungsschutz.

Hannes S. wandte sich deshalb an die Sendung „Bürgeranwalt“, in der er im Studio von Moderator Wolfgang Wagner, Redaktionsleiter des Bürgeranwalts, begrüßt wurde. Wagner gesteht allerdings zu, dass Dr. D. nicht „nach den Buchstaben der Bestimmung“ vorgegangen sei.

Seitens des ÖAMTC hieß es, es handle sich um einen „absoluten Einzelfall“, wo sehr viel zusammengekommen sei. Der ORF spielte dazu ein Video-Interview mit Sebastian Seeböck, stellvertretender Leiter der Abteilung Mitgliedschaft und Schutzbrief des ÖAMTC, ein.

Aufgrund der internen, fehlenden Kommunikation, insbesondere was die Information der Mitglieder über mögliche Ausschlussgründe betrifft, habe man entschieden, in diesem Fall die Rechnung zur Gänze zu stornieren, so Seeböck. Künftig wolle man organisatorisch besser und transparenter werden.

Ablauf „im Regelfall“

Unabhängig von dieser Kulanzlösung könne man aus dem Fall „vieles lernen“, sagt Wagner. Denn pro Jahr würden vom ÖAMTC rund 1.100 Mitglieder per Krankenrückholung aus dem Ausland nach Österreich zurückgebracht; davon zuletzt aber nur zwei per Hubschrauber.

Der Schutzbrief des ÖAMTC beinhalte zwei Leistungen, erläutert Seeböck; einerseits die Hubschrauberrettung und Bergung im Ausland, andererseits die Krankenrückholung aus dem Ausland.

Werde bei einem Notfall im Ausland der Hubschrauber von Polizei oder Rettung angefordert, so werde der Patient im Normalfall in das nächstgelegene Krankenhaus vor Ort gebracht, und nicht vom Schadensort direkt nach Österreich.

Nach der medizinischen Erstversorgung im Krankenhaus könne dann die Krankenrückholung erfolgen. Nach Rücksprache mit dem Ärzteteam des ÖAMTC werde ein Transportmittel für den Rücktransport festgelegt, im Regelfall mit einem speziell ausgestatteten Krankenwagen.

Die „richtige“ Vorgangsweise

Wann immer eine Vorerkrankung vorliegt, sei es wichtig, dass man das im Vorfeld mit seinem Hausarzt abklärt und sich eine Reise-Unbedenklichkeitsbestätigung ausstellen lässt, betont Seeböck. Dafür gebe es auf der Website des ÖAMTC auch Formulare.

Bei einem Notfall sei es dann ganz wichtig, die Rettungskette vor Ort in Gang zu setzen; erste Anlaufstelle sei meistens die Rettung im jeweiligen Land. Sei die Erstversorgung einmal gesichert, solle man umgehend die ÖAMTC-Schutzbrief-Nothilfe anrufen.

Dort erhalte man alle benötigten Informationen, die Hilfekette werde Schritt für Schritt besprochen und organisiert.

Weiterführende Information

Die Sendung steht bis 2. Oktober auf ORF-ON zum Abruf bereit und ist unter diesem Link erreichbar.

 
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