21.11.2024 – Nach dem Selbstmordversuch seines Sohnes sah sich der Vater mit Schadenersatzforderungen konfrontiert. Die Frage, ob diese vom Privathaftpflichtversicherer zu decken sind, wurde vom Obersten Gerichtshof entschieden. (Bild: Tingey Injury Law Firm)
In stark alkoholisiertem Zustand hatte sich der mitversicherte Sohn eines Versicherungsnehmers auf einer Bundesstraße in Suizidabsicht vor einen sich nähernden Lkw geworfen.
Der Vater verfügt über eine Haushaltsversicherung, für die die Allgemeinen Bedingungen für die Haushaltsversicherung (ABH 2015) vereinbart sind. Der Vertrag enthält in Abschnitt C auch eine Haftpflichtversicherung.
Demnach erstreckt sich die Versicherung auf Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers als Privatperson aus den Gefahren des täglichen Lebens.
In einer Klage fordert der Vater vom Versicherer die Deckung von Schadenersatzansprüchen in Höhe von knapp 7.000 Euro sowie Feststellung der Haftung. Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab, es habe sich um keine Gefahr des täglichen Lebens gehandelt.
Der Versicherungsnehmer wandte sich daraufhin in einer Revision an den Obersten Gerichtshof. Dieser geht in seiner rechtlichen Beurteilung einleitend auf den Begriff der „Gefahr des täglichen Lebens“ ein.
Nach ständiger Rechtsprechung seien von diesem Begriff jene Gefahren umfasst, mit denen üblicherweise im Privatleben eines Menschen gerechnet werden muss.
Zwar biete die Privathaftpflichtversicherung prinzipiell Deckung auch für außergewöhnliche Situationen, in die ein Durchschnittsmensch hineingeraten kann, es seien aber nicht alle ungewöhnlichen und gefährlichen Tätigkeiten abgedeckt.
Rechtswidrigkeit oder Sorglosigkeit eines Vorhabens würden grundsätzlich noch nicht dazu führen, dass eine Gefahr keine des täglichen Lebens mehr ist, betont der OGH.
Denn auch ein vernünftiger Durchschnittsmensch könne aus Unvorsichtigkeit eine außergewöhnliche Gefahrensituation schaffen, sich in einer solchen völlig falsch verhalten oder sich zu einer gefährlichen Tätigkeit hinreißen lassen. Es dürfe sich allerdings nicht um eine ungewöhnliche Gefahr handeln.
Die Abgrenzung zwischen der von der Versicherung gedeckten Eskalation einer Alltagssituation und einer nicht gedeckten ungewöhnlichen und gefährlichen Tätigkeit hänge von den Umständen des Einzelfalles ab.
Im vorliegenden Fall hatten die Vorinstanzen erklärt, das Verhalten des Sohnes des Versicherungsnehmers sei keine vom gedeckten Risiko umfasste Gefahr des täglichen Lebens gewesen.
Dabei hatten sie auch die mit dem Selbstmordversuch einhergehende massive Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer berücksichtigt. Dies sei nicht korrekturbedürftig, so die Höchstrichter.
Vor dem Hintergrund dieser Gefährdung fremder Rechtsgüter sei auch die gesteigerte Selbstmordrate bei Jugendlichen nicht relevant. Es liege auch dann keine Gefahr des täglichen Lebens vor, wenn die Handlung im Zustand voller Berauschung oder einem psychischen Ausnahmezustand verübt wird.
Der OGH hat die Revision daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen.
Die OGH-Entscheidung 7Ob172/24f vom 23. Oktober 2024 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.
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