8.10.2024 – Von der Einbruchsdiebstahlsversicherung über Rechtsschutz- bis zur Betriebshaftpflichtversicherung zeigten Rechtsanwältin Nora Michtner und Versicherungsmakler Alexander Gimborn anhand von Praxisbeispielen die Haftungsfallen für Versicherungsberater bei Umdeckungen auf.
Welche Risiken das Umdecken von Versicherungsverträgen birgt und dass dies sogar zur „Haftungsfalle“ für den Versicherungsmakler werden kann, war Thema eines Vortrags beim jüngsten Asscompact-Trendtag.
Rechtsanwältin Nora Michtner und Alexander Gimborn, Präsident des Österreichischen Versicherungsmaklerrings (ÖVM), zeigten anhand von Praxisbeispielen Haftungsrisiken, aber auch mögliche Lösungen auf.
Das VersVG sei zwar prinzipiell zum Schutz der Kunden geschaffen worden, so Gimborn. Wenn aber ein Kunde vor Abschluss des Vertrags etwas falsch mache, könne der Versicherer zurücktreten. Das berge erhebliche Gefahren: „Kein Versicherer muss Kunden akzeptieren.“
Als Beispiel nannte Gimborn den Fall eines Juweliers, von dem sich der bisherige Versicherer nach drei Einbruchsdiebstählen habe trennen wollen.
Der Versicherungsmakler des Juweliers habe den Sachverhalt gekannt und habe gewusst, dass der Abschluss eines Einbruchsdiebstahlversicherungsvertrages bei Kenntnis des Versicherers von den Vorschäden und der Kündigungsabsicht des Vorversicherers schwierig werden würde.
Um eine Ablehnung des Antrags zu vermeiden, habe der Makler dies verschwiegen. Nach einem neuerlichen Schadensfall konnte der Versicherer wegen Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht vom Vertrag zurücktreten, die Haftpflichtversicherung des Maklers ist ebenfalls leistungsfrei.
Auf spezielle Probleme in der Rechtsschutzversicherung, die „gerne gewechselt wird“, ging Michtner ein und sparte dabei auch nicht mit Kritik am Obersten Gerichtshof (OGH), dem sie vorwarf, „relativ wenig Ahnung von der Praxis“ zu haben.
Sie bezog sich dabei auf die Nachdeckungsklausel, wonach ein Versicherungsnehmer einen Schadenfall, von dem er mehr als zwei Jahre nach Beendigung des Vertrags erfährt, der aber während der Laufzeit des Vertrags eingetreten ist, „unverzüglich“ geltend machen müsse.
Der OGH habe diese „Unverzüglichkeit“ nicht als Obliegenheit, sondern als Risikoausschluss qualifiziert, so Michtner. Bei verspäteter Meldung sei damit die „Deckung weg, egal ob ich etwas dafür kann oder nicht.“ Ein Kausalitätsgegenbeweis sei nicht möglich.
Eine Schadensmeldung durch den Makler sollte deshalb nicht nur an den aktuellen Versicherer erfolgen, sondern auch an jeden in Frage kommenden früheren Versicherer: „Einer wird hoffentlich decken“, so Michtner, und der Makler hafte dann nicht gegenüber dem Kunden.
Fallen würden auch in der Betriebshaftpflichtversicherung bestehen. Denn bei pflichtwidrigem Verhalten könne relativ viel Zeit vergehen, bis ein Schaden eintritt. Liege die Ursache des Schadens vor Abschluss der Versicherung und war dem Versicherungsnehmer bekannt, gebe es keine Deckung.
Makler sollten deshalb bei einer Umdeckung überlegen, ob es ein zu hohes Risiko einer Deckungslücke gibt, besonders wichtig sei hier die Dokumentation.
So gebe es bei Serienschäden eine Nachdeckung nur bei Kündigung durch den Versicherer oder bei Risikowegfall. Kündige der Versicherungsnehmer, bestehe bei weiteren Schäden kein Versicherungsschutz. Makler sollten deshalb fragen, ob es Serienschäden gibt.
Bei reinen Vermögensschäden wiederum sei für den Eintritt des Versicherungsfalles der Verstoß und nicht der Schaden relevant. Michtners Rat an Makler: „Die Umdeckung lassen, wenn der Kunde schon viele Schäden hatte.“
Ebenfalls in den Bereich der Betriebshaftpflichtversicherung fällt die „Umweltstörung“. Diese verursache zwei Probleme, so Michtner: Es wird sehr teuer, wenn etwas passiert, und man merkt oft lange Zeit nicht, dass sie eingetreten ist. Daran sei bei Umdeckungen zu denken.
Keine Vordeckung und nur begrenzte Nachdeckung würden die Versicherungsbedingungen auch für Nachbesserungsbegleitschäden vorsehen.
Zur Haftung des Versicherungsmaklers bei Umdeckungen gebe es in Österreich nur wenig Judikatur, erläuterte Gimborn. Es sei deshalb ein Blick nach Deutschland zu empfehlen, rechtlich gebe es hier „nicht viel Unterschied“.
Die dortige Judikatur sei allerdings „relativ streng“. Vor Abschluss eines neuen Vertrages habe der Versicherungsvermittler den Kunden „über sämtliche Folgen des Wechsels“ aufzuklären. Besonders hohe Anforderungen werden dabei dann gestellt, wenn Gesundheitsprüfungen erforderlich sind.
Allerdings hafte der Makler nur, wenn die Verletzung der Beratungspflichten kausal für Schäden oder eine Deckungsablehnung sei, so deutsche Gerichte. Gimborn rät deshalb, besonderes Augenmerk auf die Dokumentation zu legen: „Das geht weit hinaus über Beratungsprotokolle“.
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