15.10.2025 – Eine Identität geschaffen, selbstbewusster und professioneller geworden, Mitgestalter in der EU-Politik – mit diesem Fazit feierte der Fachverband am Dienstagabend in der WKÖ-Zentrale das erste Vierteljahrhundert seiner Existenz.
Es war im Jahr 2000, als der Fachverband der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten als eigenständige Interessenvertretung des Berufsstandes aus der Taufe gehoben wurde.
Im Zuge der Neustrukturierung der Wirtschaftskammer habe sich damals die Frage gestellt, wo innerhalb dieser Struktur der neue Fachverband beheimatet sein sollte, blickte WKÖ-Vizepräsidentin Angelika Sery-Froschauer am Dienstagabend bei der 25-Jahre-Feier des Fachverbandes in Wien auf die Anfänge zurück.
Die Aspekte Wissen, Qualität und Beratung seien ausschlaggebend dafür gewesen, den Berufsstand in die Sparte Information und Consulting einzuordnen, erklärte die ehemalige Obfrau der Bundessparte.
Seither sei es dem Fachverband und seinen Mitgliedern gelungen, einer Branche, die vorher nicht so klar „zugeordnet“ gewesen sei, eine Identität zu geben, „nahe dran“ an der Entwicklung von Menschen und Gesellschaft.
Sery-Froschauer hob hervor, dass die Mitgliederzahl auch in herausfordernden Zeiten stabil geblieben sei. Sie lobte auch „eine enorme Gestaltungskraft“ der Maklerschaft auf EU-Ebene.
Einen Dank gab es auch für Fachverbandsobmann Christoph Berghammer persönlich: Yorck Hillegaart, Präsident des europäischen Vermittlerverbandes Bipar, überreichte ihm den „Bipar Outstanding Achievement Award“.
Berghammer, der von Mitte 2017 bis Mitte 2025 Schatzmeister des Verbandes war, sei eine „verlässliche Stütze“ gewesen und habe sich „beharrlich, taktvoll und konstruktiv für unsere Werte eingesetzt“.
Von europäischer Seite wurden auch Grußworte der Vorsitzenden der Versicherungsaufsicht Eiopa, Petra Hielkema, eingespielt. Sie sprach von einer „erheblichen Professionalisierung“ des Versicherungsmakler-Sektors in den vergangenen Jahrzehnten.
Sie wolle die Maklerschaft ermutigen, weiter das Vertrauen der Verbraucher zu stärken und mittels Beratung dazu beizutragen, eine „widerstandsfähige Gesellschaft“ aufzubauen.
Othmar Karas, ehemals Vizepräsident des Europäischen Parlaments, sagte, der Finanzmarkt kenne keine Grenzen, deshalb sei die Kapitalmarktunion wichtig. Da Europa „noch viel zu fragmentiert und bürokratisch“ sei, seien starke und glaubwürdige Interessenvertretungen ebenso wichtig.
Karel Van Hulle, Professor an der Universität Leuven und vormals in der EU-Kommission tätig, stellte seine Festrede unter das Motto „Vertrauen“. Ohne Vertrauen gebe es keinen Finanzmarkt, das gelte besonders für den Bereich der Versicherung, die im Kern auf einem Versprechen beruhe.
Die Lage habe sich aber geändert, vielfach wegen eines Mangels an Vertrauen. Viele Verbraucher fühlten sich überfordert. „Hier ist der Versicherungsmakler als Lotse gefordert.“ Gerade in Zeiten der Unsicherheit seien Kunden auf Begleitung angewiesen.
Umfragen und Studien zeigten, dass sich Konsumenten neben Transparenz auch einen Ansprechpartner wünschen, der auch nach dem Abschluss noch da ist. „Das kann nicht durch einen Bot ersetzt werden.“
Van Hulle übersetzte diese Gedanken auch auf die Politik und die Union insgesamt an. „Vertrauen ist das Fundament, auf dem die EU beruht.“ Ohne wechselseitiges Vertrauen lasse sich keine Zukunft gestalten.
Allerdings gebe es einen Anstieg an Populismus und Polarisierung, wodurch dieses Vertrauen erschüttert werde. Ebenso könnten Fake News und Desinformation Vertrauen untergraben. Van Hulle plädierte dafür, sich auf jene Werte zu besinnen, die Europa ausmachen: „Offenheit, Dialog, Solidarität.“
Vertrauen entstehe durch Teilhabe. Die Mitgestaltung der EU beginne im Kleinen wie etwa bei Vereinen und ziehe sich weiter, etwa über Fachverbände, bis hin zu Rat und Parlament.
Wenn trotz Beteiligung das Gefühl entstehe, nicht gehört zu werden, so liegt das aus Van Hulles Sicht nicht zuletzt daran, dass die „Prinzipien einer besseren Rechtssetzung aus den Augen verloren“ worden seien, nämlich eine einfache, wirksame, effiziente und kohärente Regulierung herzustellen, mit weniger Bürokratie und Berichterstattung.
Van Hulle unterstrich, die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit müssten „vollständig eingehalten“ werden, ohne unnütze Regulierung. Gute Regulierung stärke Vertrauen.
Hingegen könne es nicht das Ziel sein, „alle Risiken wegzuregulieren“. Überregulierung führe zu „Monokultur“, dies wiederum erhöhe das Risiko eines „systemischen Kollapses“. Diversität sei folglich das beste Risikomanagement.
Die EU „kann und soll“ helfen, Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen, schloss Van Hulle. Die Einhaltung der erwähnten Prinzipien könne dazu beitragen, das Vertrauen in die Institutionen zu steigern.
Schließlich kamen auch die beiden Spitzen des Fachverbandes, Obmann Christoph Berghammer und Geschäftsführer Erwin Gisch, zu Wort.
Berghammer zeigte sich überzeugt, die Maklerschaft sei in den letzten 25 Jahren „selbstbewusster und professioneller“ geworden, sie habe auch zu einer Verbreiterung der Produktpalette beigetragen.
Er ließ in diesem Zusammenhang auch die, forciert vom damaligen Obmann Gunther Riedlsperger, 2006 erfolgte Gründung der Rechtsservice- und Schlichtungsstelle (RSS) des Fachverbandes nicht unerwähnt. Die RSS sei „einzigartig“, schaffe Vertrauen und sei auch auf Seiten der Versicherer anerkannt.
Zum Thema Regulierung merkte Berghammer an, Brüssel bilde in dieser Hinsicht den „Ursprung“ der Entwicklungen. Europa sei aber „viel demokratischer, als gewisse Gruppierungen es darstellen“.
Wenn man Argumente einbringt, könne man mitreden und Entscheidungen beeinflussen, bis hin zum Trilog, also jenem Format, in dem Kommission, Rat und Parlament Gesetzgebungsakte finalisieren. Sich nur auf den Nationalstaat zu verlassen, „ist zu wenig“, so Berghammer.
Der Großteil des Berufsrechts werde auf europäischer Ebene erzeugt, fügte Gisch hinzu. Die Umsetzung auf nationaler Ebene sei denn auch das, was den Fachverband im Besonderen beschäftigt.
Da viele Mitglieder kleine Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung sind, bestehe die Arbeit des Fachverbandes unter anderem darin, die entsprechenden Informationen so für die Mitglieder aufzubereiten, „dass sie gut arbeiten können“.
Was die Interessenvertretung insgesamt angeht, hielt Gisch fest, dass die Arbeit im Fachverband trotz unterschiedlicher Parteizugehörigkeiten „keineswegs parteipolitisch“ geprägt sei. In aller Regel werde nicht nur sachpolitisch diskutiert, sondern auch Einigkeit erzielt.
Berghammer bestätigte: Wenn ein Fremder den Debatten im Fachverband zuhören würde, würde er nicht merken, wer welcher Fraktion angehört. „Das, glaube ich, ist super.“
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