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Neues Vermittlerbild: Österreich „sollte proaktiv tätig werden“

14.10.2025 – Die Kleinanlegerstrategie dürfte wohl erst 2026 im Ziel sein, war beim Versicherungsrechtstag 2025 zu hören. Ein finaler Text für das vieldiskutierte Provisionsverbot bei unabhängiger Beratung zu IBIPs fehlt daher noch. Juristen rieten bei der Veranstaltung indes dem österreichischen Gesetzgeber, das Vermittlerbild „proaktiv“ nach dem Muster der EU-Systematik zu definieren – ohne deshalb auch das Provisionssystem für klassische Makler verzichten zu müssen.

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Stefan Perner (li.), Andreas Riedler (Bild: Lampert)
Die Professoren Stefan Perner (li.) und Andreas Riedler
analysierten die (noch nicht fertige) RIS und deren Bedeutung
für Österreichs Versicherungsmarkt (Bild: Lampert).

Der diesjährige „Versicherungsrechtstag“, veranstaltet vom Institut für Zivil- und Zivilverfahrensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien (WU) und der Gesellschaft für Versicherungsfachwissen (GVFW), hat sich am Montag unter anderem mit der europäischen Gesetzgebung befasst.

Im ersten Teil der an der WU abgehaltenen Veranstaltung ging es um den Dauerbrenner Kleinanlegerstrategie („Retail Investment Strategy“, RIS).

Die Professoren Stefan Perner (WU) und Andreas Riedler (Johannes-Kepler-Universität Linz) nahmen das heiße Eisen „Provisionsverbot bei unabhängiger Beratung zu Versicherungsanlageprodukten“ in die Hand.

Dreigliedriges Vermittlerbild

Neben den bereits seit längerem vorliegenden Entwürfen gibt es bislang jedoch keine neuen Texte – geschweige denn eine finale Fassung. Die Analyse konzentrierte sich deshalb zunächst darauf, die Kernpunkte der bisher bekannten Diskussion im Überblick darzustellen (VersicherungsJournal 15.9.2025, 16.9.202428.6.2024).

So wurde beispielsweise erneut hervorgehoben, dass die österreichische Rechtsordnung vom Versicherungsmakler nicht verlange, „unabhängig“ zu sein. Das europäische Vermittlerbild stellte sich dreiteilig dar: gebundene, ungebundene und unabhängige Beratung.

Nach herrschender Meinung fiele lediglich die als unabhängig deklarierte Beratung unter das Provisionsverbot. Der Makler als wirtschaftlich nicht unabhängiger Vermittler könnte nach dieser Lesart als „ungebundener“ Vermittler weiterhin Provision beziehen.

Der echte Mehrfachagent könnte ebenfalls als „gebundener“ Vermittler gelten, während angestellter Außendienst und Einfachagenten „gebunden“ wären.

„Einfach ist das nicht“

Riedler analysierte das Entwicklungsstadium der diesbezüglichen Passage im RIS-Entwurf, vom Kommissionsvorschlag über Änderungen durch das Parlament und durch den Rat.

Dabei wollte er nicht unerwähnt lassen, dass die Gesetzgebungstechnik durchaus der Kritik zugänglich ist: „Einfach ist das nicht“, so Riedler zu den vorzufindenden Formulierungen.

Dass die Kleinanlegerstrategie noch heuer den Zieleinlauf schafft, ist eher unwahrscheinlich, wie Riedler sagte: Realistischer sei, dass sie erst 2026 finalisiert wird.

Am Dienstag nächster Woche stehe erst einmal ein weiterer „Trilog“ – der vierte – zwischen Kommission, Parlament und Rat auf dem Plan; am Montag selbst tagte eine Ratsarbeitsgruppe zur RIS.

Österreich könnte Vermittlerbild „proaktiv“ national regeln

Unabhängig von den europäischen Entwicklungen könnten und sollten schon jetzt entsprechende Klarstellungen im österreichischen Recht vorgenommen werden, meinte Riedler.

Denn seiner Ansicht nach brächte das oben beschriebene dreigliedrige EU-Vermittlerbild mehr Klarheit in den Versicherungsmarkt – nicht nur im Bereich der Versicherungsanlageprodukte, „sondern wohl bei allen Produkten, um die es im Versicherungsvertrieb geht“.

„Aus wissenschaftlicher Perspektive“ jedenfalls würde sich ein „proaktives“ Tätigwerden des österreichischen Gesetzgebers empfehlen – die im Wesentlichen „keine so große Änderung“ des bestehenden System darstellen würde, wohl aber mehr Ordnung und Transparenz schaffen könnte.

Müssten Maklerverträge geändert werden?

Wenn nun in Verträgen zwischen Versicherern und Maklern von der „Unabhängigkeit“ des Maklers die Rede ist – müssen diese dann alle neu abgefasst werden, wenn der „klassische“ Makler nicht mehr als unabhängig, sondern eben als ungebunden zu betrachten wäre?

Perner sieht das mit Gelassenheit: Wer sich nach außen nicht als unabhängig darstelle, bei dem gebe es auch kein Problem mit der Provision.

Riedler ergänzte, Maklerverträge beträfen das Innenverhältnis zwischen Versicherern und Maklern. Bei den europäischen Vorgaben gehe es hingegen um den Auftritt des Beraters gegenüber dem Kunden, also das Außenverhältnis.

 
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