7.7.2025 – Der Oberste Gerichtshof entschied: Wer eine Tätigkeit 35 Monate lang ausübt, hat sich von seinem früheren Beruf gelöst. Ein Verweis auf eine Tätigkeit in der nun niedrigeren Beschäftigungsgruppe ist daher möglich, der Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension wurde abgelehnt. Unterschiedliche Regelungen für erlernte Berufe und Angestellte sind nicht verfassungswidrig.
Ein 1964 geborener gelernter Kfz-Mechaniker war zuerst über viele Jahre in diesem Berufsfeld tätig, ehe er nach Absolvierung einer Ausbildung zum akademischen Business-Manager als Verkäufer und von 2006 bis 2019 als Standort- und Verkaufsleiter beschäftigt war.
Er bekleidete dabei eine Leitungs- und Managementposition der zweiten Führungsebene und war in der Beschäftigungsgruppe 5 des Kollektivvertrags der Handelsangestellten eingestuft. Vom 1.10. 2019 bis zum 31.12.2022 führte er als Kfz-Verkäufer Tätigkeiten der Beschäftigungsgruppe 3 durch.
Aufgrund eines eingeschränkten Leistungskalküls ist er nicht mehr in der Lage, Angestelltentätigkeiten der Beschäftigungsgruppen 4 und 5 auszuüben, wohl aber solche der Beschäftigungsgruppen 2 und 3 des Kollektivvertrags, wobei es ihm jedenfalls möglich sei, die gesetzliche Lohnhälfte zu erzielen.
In einer Klage gegen die Pensionsversicherungsanstalt fordert er die Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension mit Stichtag 1. Dezember 2022. Er argumentiert, dass es sich bei der zuletzt ausgeübten Tätigkeit nur um eine vorübergehende Beschäftigung gehandelt habe.
Weiters sieht er in den unterschiedlichen Regelungen des § 255 ASVG, der den Begriff der Invalidität für erlernte Berufe definiert, und der in § 273 Absatz 1 ASVG geregelten Berufsunfähigkeit von Angestellten einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.
Nachdem Erst- und Berufungsgericht sowohl einen Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitspension als auch einen Anspruch auf Gewährung von Rehabilitationsgeld verneint hatten, wandte er sich in einer außerordentlichen Revision an den Obersten Gerichtshof.
In seiner rechtlichen Beurteilung betont der OGH, dass das Verweisungsfeld gemäß § 273 Absatz 1 ASVG durch jenen Beruf bestimmt wird, den der Versicherte zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübt hat.
Ob sich ein Versicherter, der eine andere als die bisher ausgeübte Tätigkeit aufgenommen hat, damit von seinem früher überwiegend ausgeübten Beruf gelöst hat, hänge von den Umständen des Einzelfalles ab.
In früheren Entscheidungen hätten die Höchstrichter neu aufgenommene Tätigkeiten jeweils im Ausmaß von acht, 13, 16, 18 und 21 Monaten als genügend dafür gesehen, dass sich ein Versicherter von seinem davor ausgeübten Beruf gelöst hat.
Im vorliegenden Fall sei unter Berücksichtigung der Unterbrechungen der Tätigkeit des Versicherten wegen seiner Krankenstände und der coronabedingten Schließungen des Betriebs im Ausmaß von zusammen 20 Wochen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eine Nettozeit von 35 Monaten verblieben.
Dass die Vorinstanzen diese Tätigkeit als nicht nur vorübergehend qualifiziert haben, sei „jedenfalls vertretbar“, so der OGH, der auch keine Verfassungswidrigkeit in den unterschiedlichen Regelungen des § 273 Absatz 1 ASVG und des § 255 ASVG erblickt.
Der Gesetzgeber habe für bestimmte Arbeitnehmer nach der Art der ausgeübten Tätigkeit eine Differenzierung vorgenommen. Diese unterschiedlichen Regelungen hätten ihre Grundlage im Tatsächlichen, der Gesetzgeber habe seinen Gestaltungsspielraum damit nicht verletzt.
Der Kläger habe daher keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung aufgezeigt, so der OGH. Die außerordentliche Revision wurde zurückgewiesen.
Die OGH-Entscheidung 10ObS55/25y vom 3. Juni 2025 ist im Rechtsinformationssystem des Bundes im vollen Wortlaut abrufbar.
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